REISENDE NACHT IN AFRIKATotale Sonnenfinsternis am 30.06.1973IMPRESSUM EMAIL-KONTAKT © Sonnenfinsternis.org 2011, all rights reserved |
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DIE SONNENFINSTERNIS AM 30.06.1973 IM RÜCKBLICKAnlässlich der Totalen Sonnenfinsternis am 10.07.1972 hatte Ted Pedas die erste kommerzielle Sonnenfinsternis-Kreuzfahrt in den Nordatlantik organisiert und damit den organisierten "SoFi-Tourismus" begründet. Pedas geniale Idee kam zur rechten Zeit, denn bereits im Folgejahr, am 30.06.1973 (Diagramm von Fred Espenak), erfolgte im Saros 136 der nächste und wahrhaft spektakuläre Auftritt der Schwarzen Sonne. Die Totalitätsdauer betrug in der Sahara über 7 Minuten. Eine Reise dorthin war damals eher abenteuerlich orientierten Einzelreisenden und Kleingruppen vorbehalten. Eine Kreuzfahrt mit der Canberra vor der afrikanischen Küste bot die bequemere Alternative. Wieder war ein Experten-Team von wissenschaftlichen Begleitern mit an Bord, darunter Isaak Asimov und Neil Armstrong. Aus Deutschland war als Leiter einer Leserreise von "Bild der Wissenschaft" Prof. Heinz Haber dabei, der damals durch seine wissenschaftlichen Fernsehsendungen sehr populär war. Die Nachfrage war so groß, dass Ted Pedas noch ein zweites Schiff, die Cunard Adventurer, chartern musste, das die Zentrallinie weiter westlich im Atlantik ansteuerte. Wie bereits 1972 spielte das Wetter mit, so dass der umtriebige Reise-Veranstalter seinen zweiten Erfolg feiern konnte – mit insgesamt über 2500 Passagieren! Die SoFi vom 30.06.1973 markiert den Beginn des Sonnenfinsternis-Tourismus in Deutschland. Von Anfang an lag der Schwerpunkt anders als in den USA nicht auf Kreuzfahrten, sondern auf Landprogrammen. Unternehmungen wie die oben erw%auml;hnte Seereise mit Prof. Haber blieben Ausnahmen. Neben professionellen Sternwarten (z.B. Berlin, Wien) organisierten amateurastronomische Vereinigungen wie der Astronomische Arbeitskreis Wetzlar Reisen nach Kenia und Mauretanien.
So groß war das Interesse an Mauretanien, dass Sterne und Weltraum (1972/11, 326)den Brief eines Landeskenners veröffentlichte, in dem dieser ausdrücklich nicht nur auf die Gefahren von Wüstenreisen, sondern auch auf die Unterkunftssituation hinwies. So gab es damals in der Hauptstadt Nouakchott lediglich etwa 100 Hotelbetten, in Akjouit kein einziges - und alleine dort wurden mindesten 1500 Wissenschaftler und Touristen erwartet. Durch einfachste Notunterkünfte, z.B. in den Bauten des alten Militärflughafens von Atar, und von einer Regierungskommission eingerichtete Massen-Zeltcamps konnte die Nachfrage dann aber gedeckt werden. Bei der VdS hatte man die gesamte Problematik bei Zeiten erkannt und organisierte sowohl eine Mitgliederreise als auch ein Astronomisches Jugendcamp in Kenia, wo bei erträglicheren klimatischen Bedingungen eine bessere Infrastruktur zur Verfügung stand. Allerdings betrug die Totalitätsdauer dort "nur" 5 Minuten. Den neuen Trend "Sonnenfinsternis-Reise" hatten auch professionelle Reiseanbieter erkannt und schalteten Anzeigen für Touren nach Mauretanien und Kenia in "Sterne und Weltraum".
Doch standen bei dieser SoFi nicht die Touristen, sondern merh noch die Wissenschaftler im Vordergrund. Obwohl deren Expeditionen (wie auch manche touristischen Reisen) teilweise unter abenteuerlichen Bedingungen stattfanden, kehrten alle Teilnehmer wohlbehalten und mit einem Beobachtungserfolg im Gepäck zurück. Einige Expedionsleiter brachten zudem einen mauretanischen Verdienstorden mit. Immerhin hatten ihre Unternehmungen das sonst kaum beachtete Land für einige Tage weltweit in die Schlagzeilen gebracht. So interessant die Geschichten der Reisen und Expeditionen zu dieser SoFi auch sein mögen - unvergesslich wurde sie durch ein ganz anderes Projekt. Ein Team von Astronomen hatte nämlich einen der brandneuen Überschallflugjets vom Typ Concorde gechartert. Im Mittelteil des Finsternispfades konnte diese Maschine etwa so schnell fliegen wie der Mondschatten, und so war es möglich, die Totalitätsdauer für die Insassen der Concorde stark auszudehnen. Dadurch konnten wissenschaftliche Beobachtungen ohne den sonst üblichen Zeitdruck ausgeführt werden. Ein weiterer Vorteil war natürlich die enorme Reiseflughöhe des Überschalljets, der einen Großteil der atmosphärischen Gase und Staubpartikel unter sich ließ. 74 Minuten lang hielt die Concorde sich im Kernschatten auf – andere Wissenschaftler waren jahrzehntelang zu jeder erreichbaren SoFi gereist, ohne insgesamt auf diese Totalitätsdauer zu kommen.
Nun war der inzwischen legendär gewordene und in einem Gemälde verewigte Flug der Concorde gar nicht so innovativ, wie man vielleicht meinen möchte. Bereits 1937 war der erste wissenschaftliche Eclipse-Flug mit einer DC 2 durchgeführt worden; in den 60er-Jahren konnte man mit Düsenflugzeugen, die mit wissenschaftlichen Instrumenten voll gepackt wurden, bereits bis in Stratosphäre aufsteigen. Den totalen SoFis am 20.07.1963 und am 30.05.1965 rückten regelrechte Flotten von Beobachtungsflugzeugen auf den Leib. Dabei entdeckte man u.a., dass die Streamer der Sonnenkorona mehr als 12 Sonnenradien weit hinausreichen. Vom Boden aus hatte man das wegen der dichten Erdatmosphäre nicht feststellen können.
Daten zur FinsternisAllgemeine Angaben
Kenndaten des Finsternismaximums
Quelle: NASA Solar Eclipse Page
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