EUROPEAN ECLIPSETotale Sonnenfinsternis am 11.08.1999IMPRESSUM EMAIL-KONTAKT © Sonnenfinsternis.org 2009 - 2017, all rights reserved |
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DIE SONNENFINSTERNIS AM 11.08.1999 IM RÜCKBLICKDie amerikanischen Astroreise-Veranstalter hatten allen Grund zur Freude: nur 18 Monate nach der überaus erfolgreiche Finsternis in der Karibik stand die nächste gut erreichbare SoFi in Europa an (Diagramm von Fred Espenak). In West- und Mitteleuropa waren die Wetteraussichten zwar schlecht, aber zum Glück überquerte der Kernschatten auch das Schwarze Meer und sonnenverwöhnte Anrainerstaaten wie Bulgarien oder die Türkei. Ted Pedas charterte gleich 4 Schiffe, die der Schwarzen Sonne dann auf dem Schwarzen Meer begegneten [5]. Andere waren abenteuerlustiger und reisten in ein Land, das sich in Amerika nicht gerade großer Beliebtheit erfreut: den Iran [6]. Freilich traf man am 11.08.1999 nicht nur amerikanische, sondern auch zahlreiche deutsche Finsternisfreunde im Südosten Europas an [7]. Angesichts der Wetterstatistiken hatten sie eine Beobachtung im Heimatland gar nicht erst in Erwägung gezogen, zu Recht, wie sich dann zeigte.
Daten zur FinsternisAllgemeine Angaben
Kenndaten des Finsternismaximums
Quelle: NASA Solar Eclipse Page
Für den internationalen Finsternis-Tourismus war die "European Eclipse" nach den SoFis der Jahre 1991 und 1998 ein weiterer großer Erfolg. Aber es waren nicht amerikanische Reisegruppen, sondern Millionen von Europäern, die aus einer eher durchschnittlichen SoFi den größten astronomischen Event der Weltgeschichte machten. Event ist auch das Stichwort, um zu verstehen, warum Deutschland für einen Tag im Ausnahmezustand war. Die Sonnenfinsternis wurde von den Medien als Event regelrecht aufgebaut, astronomische Fachzeitschriften und Jahrbücher berichteten ausführlich, zahlreiche Bücher [1, 2, 3, 4] erschienen und alle möglichen echten Experten oder solche, die sich kurzfristig dazu ernannt hatten, erstellten Webseiten zum Thema. In einer eventsüchtigen Gesellschaft galt es, an dem als so bedeutend angekündigten Ereignis dann auch teilzunehmen. So waren am 11.08.1999 viele Richtung Zentralzone unterwegs, die sich sonst noch nie für Astronomie interessiert hatten. Am Zielort angekommen trafen sie auf langjährige Astro-Freaks und viele allgemein an Naturphänomenen Interessierte. Aus welchen Gründen sie nun auch in die Zentralzone gereist waren, eines hatten sie fast alle gemeinsam: keiner von ihnen hatte jemals eine totale Sonnenfinsternis gesehen, keiner wusste, was ihn erwartete. Sicher ist: so mancher, der nur in die Zentralzone gefahren war, um "dabei zu sein", kam völlig fasziniert als "Finsternis-Süchtiger" zurück – wie schon die Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts.
Die – vom ADAC bereits am 29.07.99 prognostizierten [8] - Staus am 11.08.1999 sind zur Legende geworden, genauso wie das Wetter an jenem Tag. Zumindest in England, Frankreich und Deutschland sah kaum jemand die Schwarze Sonne. Man brauchte schon Glück, um eines der wenigen Wolkenlöcher zu erwischen, wie z.B. in der Karlsruher Innenstadt [9]. Im Zentrum der selbsternannten "SoFi-Hauptstadt" Stuttgart öffnete Petrus pünktlich zur totalen Phase alle Schleusen [10]. ARD und ZDF, deren Live-Sendungen zur SoFi Quotenhits wurden (obwohl es durchaus einige Kritik an den Inhalten gab), waren auf Nummer sicher gegangen und hatten ein Flugzeug gechartert. Auf der sicheren Seite waren auch diejenigen, die sich bereits am Abend des 10.08.99 in ihren PKW gesetzt hatten und es daher bis in den Osten Österreichs oder sogar nach Ungarn schafften: dort war das Wetter nämlich einwandfrei. Satellitenbild vom 11.08.1999, 11.50 UT.
Quelle: Dundee Satellite Receiving Station Wer unter Wolken stand, konnte zwar nicht die Schwarze Sonne sehen, kam aber gleichwohl in den Genuss eines ebenso eindrucksvollen wie beklemmenden Naturschauspiels: fast schlagartig brach die Dunkelheit über die oft im strömenden Regen ausharrenden Menschen herein und verbreitete ein Gefühl völliger Hilflosigkeit, fast eine Weltuntergangsstimmung [11].
Weltuntergangsstimmung versuchten auch einige Zeitgenossen zu verbreiten, die – sei es aus Überzeugung, sei es, um damit Geld zu verdienen - einen Zusammenhang der Sonnenfinsternis mit der bevorstehenden Jahrtausendwende und den angeblichen Prophezeiungen des Nostradamus herstellen wollte. Diese selbsternannten Apokalyptiker behaupteten u.a., dass die Raumstation MIR über Paris abstürzen und die Stadt verwüsten würde [12]; Nostradamus habe das vorhergesagt. Offenbar hat Nostradamus sich geirrt … Die Aufregung um die Sonnenfinsternis hatte sich, wie es in der Mediengesellschaft so ist, nach einigen Tagen bereits wieder gelegt. Was blieb, war bei zahllosen Menschen die Erinnerung an eines der faszinierendsten Schauspiele der Natur, die sich u.a. in jährlichen Gedenktagen am 11. August manifestiert. Und in vielen, auch und vor allem in denen, die unter Wolken gestanden hatten, wuchs der Wunsch, das Erlebnis zu wiederholen, unter einem wirklich klaren Himmel. Die erste Gelegenheit dazu sollte es 2 Jahre später geben. |
LITERATUR UND QUELLEN ZUR SONNENFINSTERNIS AM 11.08.1999[1] Baltes, Heinz (1999): Die europäische Sonnenfinsternis am 11. August 1999. 24 S., Eigenverlag der Walter-Hohmann-Sternwarte, Essen. [2] Grünzinger, Eberhard (1999): Stichwort Sonnenfinsternis. 2. Aufl., 96 S., Wilhelm Heyne Verlag, München. [3] Kippenhahn, Rudolf & Knapp, Wolfram (1999): Schwarze Sonne, Roter Mond. 3. Aufl., 231 S., Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart. [4] Raffetseder, Werner (1999): Sonnenfinsternis. 198 S., Heinrich Hugendubel Verlag, München. [5] Ted Pedas: Black Sea Eclipse '99 [6] Mike Simmons: Iran Total Solar Eclipse of August 11, 1999 and Much More [7] Daniel Fischer: Blagodarya, Bulgaria! [8] Pressemitteilung: ADAC warnt vor Verkehrschaos. [9] Josef Schäfer: TotSofi99 [10] Thomas Baer: Riesenfrust in Westeuropa - oder Pleiten, Pech und Pannen [11] Stephan Heinsius: Dunkle Dusche im Mondregen [12] Jörg von Uthmann: Wenn der Himmel Feuer speit - wie sich die Zivilisation auf die verdeckte Sonne vorbereitet. [13] Matthias Iken: Gigantische Geldvernichtung hat einen Namen: Gigabell. [14] Christian Kirchner: Wenn Gigabells Sonne zweimal aufgeht [15] Winzer, André (2010): Exkursionsbericht zur Sonnenfinsternis am 11.08.1999. Sonne 127, 27. [16] Sundermann, Jan (2011): Radio Natur und SoFi 1999. SuW 2011/8, 8. [17] Hombach, Paul & Fischer, Daniel (1999): Mondschatten über Süddeutschland. Festschrift 25 Jahre Volkssternwarte Bonn, 100 Jahre Refraktorium, 53-58. [18] Hermann, Dieter, B. (1998): 11. August 1999 - Die Jahrhundertfinsternis. 48 S., Paetec, Ges. für Bildung und Technik, Berlin. Gripp, Joachim (2017): Rückblick - Die SoFi vom 1.8.199. Sternzeit 4/2017, 187-188. Lüthen, Hartwig (2018): Der Saroszyklus - ein Stück in drei Akten. Sternkieker 1/2018, 23-25. |