Sonnenfinsternis - Eclipse - Kernschatten - 2009 - Indien - Bhutan - China - Pazifik

REISENDE NACHT IN FERNOST

Totale Sonnenfinsternis am 22.07.2009

Sonnenfinsternis 2009

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DIE SONNENFINSTERNIS AM 22.07.2009 IM RÜCKBLICK

Die totale Sonnenfinsternis am 22.07.2009 zeichnete sich durch Ihre Länge aus - bis zu 6m38s wurde die Sonne durch den Mond verdeckt. Dort, wo die Zentralzone an der Westküste Indiens begann, wurde dieser Wert freilich bei weitem nicht erreicht. Mit 3m07s währte die Totalität aber bereits deutlich länger als bei der Sonnenfinsternis 1999 in Europa. Binnen weniger Minuten überquerte der Kernschatten Indien und das kleine Himalaya-Königreich Bhutan. Auch im Nordwesten von Bangladesh und im Südosten von Nepal war die Schwarze Sonne zu sehen, der Mount Everest lag allerdings rund 100 km nördlich der Zentralzone.
Nachdem der Kernschatten den Nordosten Indiens passiert und Myanmar gestreift hatte, erreichte er China. Inzwischen war die Länge der totalen Phase auf über 4 Minuten angestiegen. In der folgenden halben Stunde wanderte die Schwarze Sonne von West nach Ost über das Reich der Mitte, wobei einige bekannte Städte wie Chongquin, Wuhan und schließlich Shanghai berührt wurden. Für beachtliche 5m02s verdunkelte sich die Wirtschaftmetropole an der Küste des Gelben Meeres; auf der Zentrallinie südlich der Stadt waren es noch 50 Sekunden mehr. Während der Kernschatten über das Gelbe Meer und einige südjapanische Inseln zog, nahm die Finsternisdauer noch weiter zu. Südlich von Toshima (Finsternislänge hier:5m58s) waren es bereits etwa 6m20s.
Wer den Punkt der maximalen Verfinsterung (zugleich auch die Gegend mit den relativ besten Wetteraussichten) erreichen wollte, musste per Schiff einen Punkt im Pazifik, rund 1000 km südöstlich von Toshima, bei 24°12.6' nördlicher Breite und 144°06.4' östlicher Länge ansteuern. Hier konnte man die mit 6m38s längste totale Sonnenfinsternis des 21. Jahrhunderts erleben; die Zentralzone war fast 260 km breit. Trotz dieser beachtlichen Ausdehnung hatte der Kernschatten auf den vielen 1000 Kilometern, die er nun noch Richtung Südost über den Pazifik wanderte, nur noch auf einigen Eilanden des Insel-Staates Kiribati Landkontakt. In dieser Gegend lag die Totalitätsdauer schon unter 5 Minuten. Ganz im Südosten des unglaublich ausgedehnten Seegebietes, das zu Kiribati gehört, endete die SoFi bei Sonnenuntergang mit einer Finsternisdauer von 2m40s.

Die SoFi am 22.07.2009 war in Süd-Sibirien, Kasachstan, Indien, Mongolei, China, Korea, Japan, ganz Südost-Asien mit Ausnahme der südlichen Teile Indonesiens sowie auf allen Pazifikinseln westlich des 150. Längengrades als partielle Finsternis sichtbar. Hohe Bedeckungsgrade, die zu einer wahrnehmbaren Abschwächung des Tageslichtes führten, wurden in ganz Indien, Nepal und Bhutan, großen Teilen Chinas, im südlichen Japan, Teilen Südost-Asiens und zahlreichen Inseln im Pazifik erreicht.

Animation des Finsternisverlaufs

Die SoFi am 22.07.2009 wurde für die meisten der aus Mitteleuropa angereisten Finsternis-Enthusiasten zu einem Déja Vu-Erlebnis. Wie 1999 zog just am Finsternistag Bewölkung über der Zentralzone auf. Von Wuhan bis Shanghai glich die Beobachtung einem Lotteriespiel. Viele hatten Glück und sahen die Schwarze Sonne durch dünne Wolken, andere hatten Pech und erlebten eine verregnete Nacht mitten am Tag. Tatsächlich konnte sich niemand an eine Sonnenfinsternis erinnern, bei der es derart dunkel geworden war. Freilich gab es auch Gebiete, über denen der Himmel klar war, so z.B. die Stadt Chongquin, in die zwei internationale Reiseveranstalter kurzfristig per Flugzeug ausgewichen waren. Auch aus Bhutan und einigen Städten Indiens, darunter Varanasi, kamen überraschenderweise Erfolgsmeldungen. Dagegen dümpelte das Kreuzfahrtschiff "Costa Allegra" südlich von Japan unter einer Wolkendecke. Die erfahrenen Finsternisjäger waren ohnehin mit der "Costa Classica" unterwegs, welche am Punkt der maximalen Finsternisdauer die wohl besten Bedingungen entlang der Zentralzone antraf.
Wir selber haben die Sonnenfinsternis im historischen Wasserdorf Wuzhen südlich von Shanghai unweit der Zentrallinie beobachtet, zusammen mit rund 300 Finsternis-Fans (Reisebericht). Vor einer chinesischen Bilderbuchkulisse hatte der Wettergott (oder der Finsterniswind?!) ein Einsehen und öffnete in letzter Minute die Wolkendecke.

Reisende Nacht in Fernost

LITERATUR UND QUELLEN ZUR SONNENFINSTERNIS AM 22.07.2009

Anonymus (2008): Zur Rekord-Finsternis in das Reich der Mitte. Reiseankündigung in Sterne und Weltraum 2008 (11), 106-107.

Anonymus (2009): Feuer und Wasser über den Reichen des Drachen. Sterne und Weltraum 2009 (10), 86-92.

Espenak, Fred & Anderson, Jay (2008): Total Solar Eclipse of 2009 July 22. NASA/TP-2008-214169, 74 S., Goddard Space Flight Center. Greenbelt (Maryland).

Fischer, Daniel (2009): Gegen alle Statistik - Sofi-Glück 2009 bei Shanghai. Sternzeit 4/2009, 181-184.

Friedrich, Peter & Susanne (2008): Wenn der Drache die Sonne verschluckt. Interstellarum 61, 36-41.

Gera, Hans-Dieter (2008): Die totale Sonnenfinsternis am 11. Juli 2009. Sternzeit 4/2008, 159-161.

Hahn, Hermann-Michael (2010): Dunkel war's, der Regen platschte. Jahres-Chronik der Volkssternwarte Vereinigung der Sternfreunde Köln e.V. 2009, 26-33.

Kiau, Manfred (2009): SoFi Die Dritte. Sternzeit 4/2009, 185-187.

Kiau, Manfred; Neul, Reinhard; Sichelschmidt, Dirk & Ueberschaar, Stefan (2009): Sonnenfinsternis über China und dem Pazifik am 22. Juli. Sterne und Weltraum 2009 (9), 88.

Krause, Stefan & Weidenbach, Angela (2009): Sonnenfinsternis 2009. 44 S., Ei­genverlag, Bonn.

Rockmann, Manuela (2009): Sonnenfinsternisreise nach China. Sternzeit 4/2009, 177-180.