BRITISH ECLIPSETotale Sonnenfinsternis am 29.06.1927IMPRESSUM EMAIL-KONTAKT © Sonnenfinsternis.org 2017, all rights reserved |
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DIE SONNENFINSTERNIS AM 29.06.1927 IM RÜCKBLICKDie Zentralzone der Sonnenfinsternis vom 29.06.1927 (Diagramm von Fred Espenak) begann vor der Küste Irlands im Atlantik. Von dort zog sie sich über Wales, England, die Nordsee, Norwegen, Schweden und Finnland ins Eismeer, wo bei Nowaya Semlja mit 50s Dauer die maximale Länge der Totalität erreicht wurde. Der Mondschatten wanderte parallel zur Nordküste Sibiriens nach Osten. Etwa bei 150°E erreichte er das sibirische Festland, welches er von Nordwest nach Südost überquerte. Die Finsternis endete bei Sonnenuntergang im Bereich der Aleuten. In Mitteleuropa war dies eine tiefe Partielle SoFi, bei der am frühen Morgen im Norden Deutschlands bis zu 92% der Sonne vom Mond bedeckt wurden (Foto aus Köln). Daten zur FinsternisAllgemeine Angaben
Kenndaten des Finsternismaximums
Quelle: NASA Solar Eclipse Page
Ablauf der Sonnenfinsternis am 29.06.1927.
Erstellt mit Win-Eclipse 3.5 von Heinz Scsibrany.
Erstmals erwähnt wurde diese für europäische Wissenschaftler so bequem erreichbare Sonnenfinsternis wohl von Johnson (1875), der zutreffend vorausberechnete, dass die Totalität sehr kurz sein würde, weil der scheinbare Monddurchmesser nur geringfügig denjenigen der Sonne übertreffen würde. Dadurch würde die Chromosphäre als kompletter Ring sichtbar werden. Ernsthafte Planungen für wissenschaftliche Unternehmungen begannen um 1925. Jens Fredrik Schroeter, Direktor des Observatoriums in Oslo, wies auf die vergleichsweise guten Wetteraussichten in den leeseitigen Tälern im Südosten Norwegens hin (Schroeter 1926, Ergänzungen durch Roth 1926). Tragischerweise verstarb der norwegische Astronom, welcher sich offenbar im Vorfeld sehr für diverse Expeditionen zur SoFi 1927 engagierte, am 27.04.1927, nur 2 Monate vor dem Ereignis. Intensive Vorbereitungen gab es aber vor allem in England (Anonymus 1927c,d), wo die British Astronomical Association (BAA) bereits 1925 eine spezielle Kommission eingerichtet hatte. Angesichts der zu erwartenden schwierigen Wetterverhältnisse verwarf man bei der BAA die zunächst angedachten "Eclipse Camps", sondern beschloss, die Beobachter entlang des gesamten britischen Abschnitts der Zentralzone zu verteilen, um die Erfolgschancen zu erhöhen (Stratton 1927). Die Planungen anderer britischer Organisationen und Institutionen wurden durch zwei Veröffentlichungen (Anonymus 1927c,d) im Vorfeld bekannt. Nachstehend findet sich - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - eine Übersicht der wissenschaftlichen Expeditionen zur Sonnenfinsternis 1927. Das einzige Observatorium innerhalb der Zentralzone befand sich am Stonyhurst College. Just während der 22sekündigen Totalität schob sich dort eine kleine Wolke vor die Sonne (Anonymus 1927b). British Astronomical Association : Verschiedene Standorte in Wales und England (Totalitätsdauer maximal 24s). An einzelnen Orten Totalität gesehen; Ergebnisse in Newbegin (1928). Privatexpedition C.C. Roberts: Criccieth in Wales (Totalitätsdauer 21s). Bewölkt; Bericht in Roberts (1927). University College of North Wales: Bangor in Wales (Totalitätsdauer 16s). Bewölkt; Bericht aus dem Holyhead Chronicle bei Bryn Jones. Anm.: Die Beobachtung erfolgte mit mobilem Gerät auf dem Universitätsgelände University Cambridge: Colwyn Bay in Wales (Totalitätsdauer 22s). Durchgehend bewölkt; Bericht in Anonymus (1927). University & Radcliffe Observatory Oxford: Southport in England (Totalitätsdauer 23s). Totalität durch Wolken gesehen; Bericht in Morehouse (1927); Ergebnisse in Turner et al. (1927). British Astronomical Association: Park Grange bei Leyburn in Yorkshire/England (Totalitätsdauer 23s). Bewölkt; Bericht in Ellsworth (1927b). National Physical Laboratory: Penhill Beacon bei Leyburn in Yorkshire/England (Totalitätsdauer 23s). Bewölkt; Bericht in Haughton (1927). Société Astronomique de France: Bolton-by-Bowland in Yorkshire/England (Totalitätsdauer 20s). Klarer Himmel; Bericht in Porthouse et al. (1927). Privatexpedition R.L. Waterfield: Giggleswick in Yorkshire/England (Totalitätsdauer 23s). Klarer Himmel; Bericht in Waterfield (1927). Royal Observatory Greenwich: Giggleswick in Yorkshire/England (Totalitätsdauer 23s). Klarer Himmel; Berichte in Coutrez (1927b), De Saussure (1927, 1928); Ergebnisse in Dyson (1927); Foto der Gruppe. Norman Lockyer Observatory: Richmond in Yorkshire/England (Totalitätsdauer 24s). Totalität hinter Wolken; Bericht in Lockyer (1927a) mit genauer Beschreibung und Fotos der Instrumente; Ergebnisse in Lockyer (1927b). Royal Observatory Greenwich: Flug in 11700 ft Höhe. Höhe über Yorkshire/England (Totalitätsdauer ?). Einige Zirren; Ergebnisse in Dyson (1927). Royal Observatory Greenwich: HMS Fitzroy in der Nordsee vor Hartlepool. (Totalitätsdauer 24s). Bewölkt; Bericht in Dyson (1927). University Cambridge: Ål in Norwegen (Totalitätsdauer 33s). Durchgehend bewölkt; Bericht in Newall et al. (1927) mit genauer Beschreibung der geplanten Experimente. Van Vleck Observatory: Ål in Norwegen (Totalitätsdauer 33s). Durchgehend bewölkt; Bericht in Slocum (1927). McCormick Observatory (Virginia): Fagernes in Norwegen (Totalitätsdauer 34s). Totalität hinter Wolken; Bericht in Mitchell (1927). Privatexpedition Philipp Vauth und Max Valier: Fagernes in Norwegen (Totalitätsdauer 34s). Totalität hinter Wolken, aber sorgfältige Umgebungsbeobachtungen; Bericht in Diverse (1927). Osservatorio Astronomico di Roma: Ringebu in Norwegen (Totalitätsdauer 35s). Klarer Himmel; Bericht in Armellini & Conti (1927). Observatorium Stockholm: Järpen in Jämtland/Schweden (Totalitätsdauer 37s). Klarer Himmel; Ergebnisse in Jenvall (1932). Physikalischer Verein Frankfurt: Nyborgmøn in Nordnorwegen (Totalitätsdauer ?). Klarer Himmel; Erwähnt in Marriott (1999, 135) und in einem Wikipedia-Artikel. Sternwarte Hamburg-Bergedorf, in Begleitung von Willem Jacob Luyten von der Universität Harvard: Jockmokk in Nordschweden (Totalitätsdauer 41s). Klarer Himmel; Bericht in Luyten (1928); spätere Auswertung eine Fotoplatte durch Von Klüber (1961). Polnische Expedition: Jockmokk in Nordschweden (Totalitätsdauer 41s). Klarer Himmel; Erwähnt in Luyten (1928). Koninklijke Akademie van Wetenschappen te Amsterdam: Gällivare in Nordschweden (Totalitätsdauer 42s). Klarer Himmel; Bericht in Pannekoek & Minnaert (1928) und Pannekoek & Doorn (1930). Observatorium der Universität Tartu: Gällivare in Nordschweden (Totalitätsdauer 42s). Leichte Bewölkung; Bericht in Öpik (1928). Sternwarte Kiel: Gällivare in Nordschweden (Totalitätsdauer 42s). Klarer Himmel; Ergebnisse in Wirtz (1930). Weitere deutsche Expedition: Gällivare in Nordschweden (Totalitätsdauer 42s). Klarer Himmel; Erwähnt in Luyten (1928). Sternwarte Pulkowo: Malmberget/Gällivare in Nordschweden (Totalitätsdauer 42s). Klarer Himmel; Ergebnisse in Perepelkin (1928). 2 weitere russische Expeditionen: Gällivare in Nordschweden (Totalitätsdauer 42s). Klarer Himmel; Erwähnt in Luyten (1928). 2 schwedische Expeditionen: Gällivare in Nordschweden (Totalitätsdauer 42s). Klarer Himmel; Erwähnt in Luyten (1928). Polnische Expedition: Gällivare in Nordschweden (Totalitätsdauer 42s). Klarer Himmel; Erwähnt in Luyten (1928). Polnische Expedition: Gällivare in Nordschweden (Totalitätsdauer 42s). Klarer Himmel; Erwähnt in Luyten (1928). Totale Sonnenfinsternis am 29.06.1927, aufgenommen in Giggleswick (Yorkshire/England).
Bildnachweis: Dyson 1927, Plate 8.
Außerhalb der Zentralzone: Partielle Sonnenfinsternis am 29.06.1927, aufgenommen im Calcium-Licht am Observatorium Meudon (Frankreich).
Bildnachweis: Flammarion et al. 1927, 365.
Wichtige Resultate der Sonnenfinsternis-Beobachtungen 1927: Marriott (1999, 137) schreibt: "The Daily Mail aircraft was not the only machine in the air on eclipse day. The Daily Chronicle and the Daily Sketch also chartered aircarft, and from Catterick Aerodrome alone a dozen or so aircraft took off." Zudem beschreibt der Autor (ebd., 138) einen vom Daily Mirror organisierten Ballonflug, welcher nach erfolgreicher SoFi-Beobachtung mit einer Notlandung endete. Totale Sonnenfinsternis am 29.06.1927, aufgenommen aus dem von der Daily Mail gecharterten Flugzeug über Yorkshire (England).
Bildnachweis: Dyson 1927, Plate 11. |
TOURISMUSDie Sonnenfinsternis vom 29.06.1927 wurde im Umfeld der ebenfalls in Großbritannien sichtbaren SoFi des Jahres 1999 wieder in Erinnerung gerufen, z.B. von Henry (1999). Einen tiefen Einblick in die Ereignisse im Juni 1927 verdanken wir der monographischen Darstellung von Marriott (1999), welche zahllose spannende Details enthält. Im Jahr 1999 war man nicht nur auf die Auswertung historischer Quellen angewiesen, sondern konnte noch lebende Augenzeugen befragen. Deren Erinnerungen an das Erlebnis in ihrer Kindheit sind unbedingt lesenswert. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts waren Totale Sonnenfinsternisse das Ziel zunehmend aufwendigerer wissenschaftlicher Expedition gewesen. Natürlich erregten solche Ereignisse auch das Interesse der Öffentlichkeit zumindest in den Gebieten, über welche sich die Zentralzone erstreckte. Doch wann sich zum ersten Mal Laien auf eine Reise zur Schwarzen Sonne machten, wird sich kaum klären lassen. Der uns heute so vertraute Pauschaltourismus entwickelte sich ebenfalls im 19. Jh. vor allem im damals weltumspannenden British Empire. Ob zu ieser Zeit bereits Arrangements zu einer Totalen Sonnenfinsternis angeboten wurden, wäre noch zu klären. Sicher ist jedenfalls, dass zur Totalen SoFi vom 28.05.1900 zahlreiche Menschen aus allen Teilen des Landes an die spanische Mittelmeerküste reisten ("The day was kept as a general holiday, and during the morning great numbers of people flocked into the town from all the country round."). Am 09.05.1910 befand sich das Kreuzfahrtschiff R.M.S. Corinthic etwa 480 Meilen von Hobart (Tasmanien) in der Zentralzone. Offenbar geschah dies rein zufällig, denn es befanden sich nicht einmal Sonnenfilter an Bord, was nicht für eine geplante Begegnung mit der Schwarzen Sonne spricht.
Die erste Sonnenfinsternis, welche nachweislich organisierten Tourismus - in Form von Sonderzügen in die Zentralzone - hervorbrachte fand am 24.01.1925 in den USA statt. Dass sich dies im Jahr 1927 in Großbritannien wiederholen würde, war eigentlich zu erwarten. In Anonymus (1927c, 223) lesen wir: "Preliminary steps have been taken to run a soecial train from London ... in case a sufficient number should wish such transportation." Ellsworth (1927a) veröffentlichte den Fahrplan des Zuges - für französische Interessenten. Spätestens nachdem die Presse kurz vor der SoFi intensiv in die Berichterstattung über das Ereignis eingestiegen war (Cartoon), wuchs der Bedarf nach Transportmöglichkeiten in die Zentralzone in ungeahnte Dimensionen - nicht nur einer, sondern zahlreiche Sonderzüge machten sich auf den Weg (Werbeposter für Sonderzüge). Wer einen der damals bereits recht zahlreichen PKWs besaß, konnte auf eigene Faust in die Totalitätszone reisen. Deren Lage sowie Details zu den Kontaktzeiten und zur Totalitätsdauer gingen aus einer speziellen Karte hervor, welche die Ordnance Survey rechtzeitig herausgegeben hatte (Foto des Covers). Zudem hatte die Automobile Association (AA) entlang der Zentrallinie Hinweisschilder angebracht, von denen mindestens eines noch am ursprünglichen Ort hängt. Diese Vorbereitungen zeigen, dass im Vorfeld durchaus mit einem großen Andrang von Sonnenfinsternis-Touristen gerechnet wurde.
Zeitgenössische Karte der Zentralzone der Totalen Sonnenfinsternis am 29.06.1927. Besonders hervorgehoben ist Giggleswick als Beobachtungsort des Royal Observatory. Bildnachweis: Estelle Hargraves. Weitere historische Karten des Verlaufs der Zentralzone finden sich bei Chris Catfield, Mark Townley und Michael Zeiler.
Ob sich nun wirklich mehrere Millionen in die Zentralzone begaben, wird sich wohl nie belegen lassen. "The total number of people who congregated on the eclipse line will never be known precisely, but it was certainly in the millions; and it appears that most of them arrived at their destination either on the day before or during the morning of the eclipse, and left immediately after the eclipse was over." Marriott (1999, 138).
Laut Marriott (1999, 128) reisten rund 200000 Menschen per Zug in die Zentralzone. Weiter schreibt der Autor (ebd., 129): " In the Irish Sea, the Liverpool-Isle-of-Man ferry Manxman was crowded with passengers, many of whom danced the night away on deck; and 500 students from Merseyside schools were aboard Magnetic, stationed by the Formby lighthouse. At Southport, numerous fires were lit on the beach, presenting a scene likened to an enormous nomad encampment."
Marriott (1999, 138) erwähnt auch einen kommerziellen Passagier-Flug; es bleibt aber offen, ob es sich um einen regulären Linienflug handelte, welcher zufällig zur richtigen Zeit durch die Zentralzone flog, oder aber um einen gezielten Finsternis-Flug. Für letzteres spricht, dass ein Korrespondent der Yorkshire Post an Bord war. Es wäre dann der wahrscheinlich erste kommerziellen Beobachtungsflug zu einer Sonnenfinsternis gewesen - 47 Jahre vor dem bislang als frühestes derartiges Unternehmen bekannten Flug vom 20.06.1974. |
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