ALS DIE SINGVÖGEL SCHWIEGENTotale Sonnenfinsternis am 30.06.1954IMPRESSUM EMAIL-KONTAKT © Sonnenfinsternis.org 2011-2015, all rights reserved |
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DIE SONNENFINSTERNIS AM 30.06.1954 IM RÜCKBLICK
Die Zentralzone der Totalen Sonnenfinsternis vom 30.06.1954 (Diagramm von Fred Espenak) begann
über dem Norden der USA im Grenzgebiet Nebraska/North Dakota. Auf seinem Weg nach Nordosten zog der Kernschatten über Minnesota, die kanadischen Bundesstaaten Ontario und Quebec, Labrador und den Süden Grönlands in den Nordatlantik. Es überquerte dort den Süden Islands, die Färöer sowie Unst, die nördlichste der Shetland-Inseln. Knapp vor der norwegischen Küste wurde die maximale Totalitätsdauer von 2m35s erreicht. Der Finsternispfad bewegte sich jetzt in südöstlicher über den Süden Norwegens und Schwedens, wobei die Großstädte Oslo und Göteborg knapp außerhalb, die Ostsseinsel Öland jedoch in der Totalitätszone lag. Kurz danach erreichte die Schwarze Sonne den Osten Polens und das Gebiet der damaligen UdSSR, wo sie sich über Litauen, Weißrussland, der Ukraine, Georgien und Aserbaidschan sehen ließ. Nach Gastspielen im Iran, Afghanistan und Pakistan endete die Sonnenfinsternis im Nordwesten Indiens. Daten zur FinsternisAllgemeine Angaben
Kenndaten des Finsternismaximums
Quelle: NASA Solar Eclipse Page
Da die Zentralzone dieser SoFi des Saros 126 mit den USA, Europa und der UdSSR fast alle Regionen überstrich, in denen astronomische Spitzenforschung betrieben wurde, waren zahlreiche Wissenschaftlergruppen unterwegs. Sie konnten sich u.a. auf ein bereits 1950 in Schweden erschienenes Kompendium [1] stützen, das den heutigen Eclipse-Bulletins der NASA nicht unähnlich war. Da damals die Sondierung der Ionosphäre mittels Radiowellen im Fokus der Sonnenfinsternis-Expeditionen stand stand, enthielt das o.g. Werk ausführliche Berechnungen zum Verlauf der Zentralzone in der Hochatmosphäre. Bei dieser SoFi wurde übrigens erstmals der dubiose "Allais-Effekt" (angeblich) beobachtet, welchem einige Enthusiasten bis heute hinter her jagen. Ein englischer Forscher (D.E. Blackwell) widmete sich mit seiner Kamera eher konventionellen SoFi-Beobachtungen. Seine Fotos nahm er nördlich der Shetland-Inseln in 9000m Höhe aus einem Bomber vom Typ Avro Lincoln auf - durch eine geöffnete Tür [2]. Währenddessen hielten zwei Schotten südlich von Island in einer anderen Maschine der Royal Airforce während der Totalität vergeblich nach Polarlichtern Ausschau [3]. Filmaufnahmen aus Minnesota
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DIE SONNENFINSTERNIS IN MITTELEUROPA
Die Sonnenfinsternis vom 30.06.1954 hat sich in Mitteleuropa unauslöschlich in die Erinnerung vieler älterer Mitbürger eingeprägt. Bei uns war sie eine tiefe Partielle Sonnenfinsternis; so wurde die Sonne in Berlin um die Mittagszeit zu 88% vom Mond bedeckt. So mancher schwört bis heute Stein und Bein, dass diese SoFi in Deutschland total gewesen sei. Bei gutem Wetter muss es ein eindrucksvolles Erlebnis gewesen sein. Offenbar wurde es deutlich dämmrig, Tiere zeigten ungewöhnliches Verhalten, die Vögel stellten ihren Gesang ein. Die Neugier besiegte offenbar bei vielen Menschen die Vorsicht. Allein in West-Berlin mussten 57 Personen mit Netzhautschäden behandelt werden.
Wohl noch mehr als in Mitteleuropa ist die SoFi vom 30.06.1954 in Norwegen, Schweden und auf den Färöern in Erinnerung geblieben (s. Linksammlung), denn dort war sie anders als bei uns die bis heute letzte Totale Sonnenfinsternis. Und auch bei den Berichten aus dem hohen Norden findet sich immer wieder der Hinweis: "Die Singvögel schwiegen". |
TOURISMUSAllgemein gilt die Totalen Sonnenfinsternis vom 10.07.1972 - auch sie gehörte zum Saros 126 - als Beginn des modernen Astronomie-Tourismus. Dies ist aber nur insofern zutreffend, als von da an kommerzielle Reisen zu jeder irgendwie erreichbaren Totalen SoFi angeboten wurden und spezialisierte Reiseagenturen auf den Plan traten. Genau genommen markiert 1972 lediglich eine bedeutende Zwischenstation einer langen Entwicklung, die mit einem bescheidenen Inlandstourismus in Spanien zur Sonnenfinsternis vom 28.05.1900 (ebenfalls Saros 126) begann und mit touristischen Reisen zur SoFi vom 23.11.2003 in der Antarktis ihren Abschluss fand. So gab es 1927 in Großbritannien und 1932 in den USA bereits einen umfangreichen organisierten und privaten Inlandstourismus zu Totalen Sonnenfinsternissen. Die SoFi vom 30.06.1954 markiert den Beginn des internationalen Sonnenfinsternis-Tourismus. In einer Reportage der ZEIT lesen wir: "Mit Tausenden von Autos, mit Sonderzügen aus Schweden, Norwegen, Dänemark, Deutschland und auch weiter entfernten Ländern waren etwa 350 000 Menschen in die Gegend der totalen Finsternis gereist." Weiter schreibt der Journalist: "Ich saß in einer der großen Maschinen, die die SAS zu einem Flug in den 155 Kilometer breiten Gürtel der totalen Sonnenfinsternis nach Südschweden schickte." Ob diese Flüge (s. auch hier) - durchgeführt mit DC6-Turboprop-Maschinen in etwa 4000m Höhe - nur für Wissenschaftler und Journalisten oder aber auch für jeden zahlungswilligen Interessenten zugänglich waren, lässt sich an Hand der spärlichen Quellenlage nicht feststellen. Es ist zumindest nicht auszuschließen, dass an jenem 30.06.1954 der erste kommerzielle Sonnenfinsternis-Flug angeboten wurde - 20 Jahre früher als allgemein angenommen.
Die nach dem Krieg neu gegründete Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS) unternahm 1954 ihre erste Sonnenfinsternisreise, bei der 36 Mitglieder in einem Reisebus mit Anhänger auf die schwedische Insel Galtö fuhren. Für einen Reisepreis von umgerechnet etwa EUR 130,- für Bus, Unterkunft in Ferienhäuschen und Selbstverpflegung konnte man an der zweiwöchige Tour teilnehmen. Das Unternehmen wurde von Edgar Mädlow (1921 - 2012) organisiert. Er ließ sich bei der Planung von Berichten über wissenschaftliche Expeditionen inspirieren - und entsprechend wurde ein beträchtlicher Aufwand getrieben. Im Jahr vor seinem Tod schrieb er dazu rückblickend: "In allen diesen Berichten hatte mir die strikte Hingabe der Beteiligten an die gemeinsam gestellte Aufgabe imponiertnund an die sich selbst auferlegte Disziplin bei ihrer Durchführung. So kam ich zu der Vorstellung, Expeditionen müssten nun einmal so sein, um zum Erfolg zu kommen ... Das war eine Fehleinschätzung. Was ich vor mir sah, war eine Schar von Individualisten, von denen jeder seine eigene Vorstellung vom Unternehmen und von seiner eigenen beobachterischen Betätigung hatte .. es führte insgesamt zu der Erkenntnis, dass Gemeinschaftsreisen von Sternfreunden nicht in das Korsett einer wissenschaftlichen Expedition gezwängt werden dürfen." [4] |
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